Vielen Dank an Lydia Jeschke für die Laudatio, für die Worte, durch die ich mich sehr gesehen fühle – an die Jury des diesjährigen RSP, an Stefan Fricke und den Förderverein, die Darmstädter Ferienkurse, an Thomas Schäfer und natürlich an Anke Kies für die Initiation und großartige und aufmerksame Organisation – und auch an Juana Zimmermann und das gesamte Team, das hier mitgearbeitet und möglich gemacht hat, dass ich überhaupt hier sein kann.
Auf gewisse Weise gilt dieser Dank natürlich aber auch Reinhard Schulz. Als ehemalige Musikjournalismus-Studentin in Dortmund kenne ich ihn natürlich auf gewisse Weise – und zwar vor allem als einen engagierten Kämpfer für eine profunde Musikkritik, die mit der Zeit geht, aber nie ihren Gegenstand vergisst und das, was ihn ausmacht.
Irgendwie m wüsste ich gerne, wie er die aktuelle Situation in den Feuilletons und Kulturradios heute bewerten würde.
Denn es ist ja extrem viel passiert in den letzten Jahren. Während der Lockdown-Zeit in der Corona-Pandemie ist der Musikkritik für Monate der Gegenstand weggebrochen und wir haben gelernt uns zwangsläufig vor allem eine Frage zu stellen: Welchen Stellenwert hat Musik, hat Kultur überhaupt in dieser Gesellschaft und für die Politik?
Dadurch ist aus einer zum Teil sehr um sich selbst kreisenden Musikkritik nach und nach (in Teilen) ein Musikjournalismus geworden, der neben der Musik auch mehr und mehr die Arbeitsbedingungen und Lebensrealitäten von Künstler*innen unter die Lupe nimmt – aber auch die gesamtgesellschaftlichen und historischen, teilweise globalen politischen Kontexte, in denen europäische klassische Musik stattfindet.
Dieser Musikjournalismus verhandelt die Relevanzfrage neu.
Er fragt: Wer steht da auf unseren Bühnen und wer nicht, wer und was wird wie gespielt und gezeigt und was nicht und warum, und in welchen Kontinuitäten stehen überhaupt die Geschichten, die wir erzählen, die wir erfinden und reproduzieren?
Mir sind im Laufe der Jahre immer wieder – vereinzelt – Leser*innen in die eMails geslided, die durch manche der Thesen und Fragen, die ich formuliert habe, das Gefühl bekommen haben, ich wolle ihnen etwas wegnehmen oder madig machen. Dabei geht es überhaupt nicht darum Leute zu ärgern. Im Gegenteil will dieser “neue”, fragende Musikjournalismus herausfinden, wie wir zu denen geworden sind, die wir sind – und auf dieser Grundlage erörtern, zu welcher Gesellschaft wir werden möchten.
Musik spielt für diese Frage eine extrem große Rolle, und da sind wir wieder bei Reinhard Schulz: Lasst uns diese Kunstform und ihre Relevanz nicht unterschätzen!
Ich bin extrem stolz darauf, diesen Preis bekommen zu haben und damit auf gewisse Weise das Erbe von Reinhard Schulz weiterzuführen zu dürfen – vielleicht in seinem Sinne, vielleicht auch nicht, wir wissen es nicht, aber allemal im Sinne der Musik und einer radikal pluralen Gegenwart.